Die drei hochschwäbischen Leichtvokale a, e und o 



Die drei hochschwäbischen Leichtvokale

Das Hochschwäbische kennt insgesamt drei Leichtvokale:
>  "a" [ɐ͂]  ein leicht gesprochenes nasaliertes a, nicht (!) das hochdeutsche r-haltige a
>  "e" [e]  ein leicht gesprochenes klares e, nicht (!) das hochdeutsche e-Schwa [ɘ] 
>  "o" [o]  ein leicht gesprochenes geschlossenes o. Es ersetzt vor einem einem nachfolgenden r den e-Leichtvokal.



Phoneme, nicht Allophone

Bei den zwei Leichtvokalen a und e handelt es sich, germanistisch gesprochen, um Phoneme und nicht (!) um Allophone. Nur der Unterschied zwischen den beiden Leichtvokalen e und o ist allophonischer Natur, da das e in der Stellung vor einem r durch das o ersetzt wird.

Die beiden wissenschaftlichen Lautschriften, IPA und Theutonista, verfügen leider nur über eine einzige und deshalb undifferenzierte Schreibung für alles, was irgendwie universitärgermanistisch als Schwa-Laut bezeichnet wird. Dies ist für eine exakte Darstellung des gesprochenen Schwäbischen absolut indiskutabel.


Hochdeutsches e-Schwa und hochschwäbischer e-Leichtvokal

Beim hochdeutschen e-Schwa handelt es sich um einen gerundeten Laut. Der schwäbische e-Leichtvokal dagegen ist ein nur leicht gesprochenes geschlossenes e, das immer ungerundet ist. 

Für rein hochdeutsch hörende Ohren sind diese beiden Vokale nicht unterscheidbar. Beachtet werden muss in diesem zusammenhang auch, dass das Schwäbische grundsätzlich keine gerundeten Vokale kennt, weder die gerundeten Vokale ö und ü, noch das gerundete e-Schwa. Bei genauem Hinhören entdeckt man, dass Schwaben an Stelle des gerundeten hochdeutschen e-Schwas immer ihren ungerundeten e-Leichtvokal sprechen. So hört man zum Beispiel aus dem Mund von Hochdeutschen "Göbirgö" und "Göwölbö", aus dem Mund von Schwaben dagegen "Gebirge" und "Gewelbe".


Die grammatische Funktion der Leichtvokale a und e

Die beiden Leichtvokale a und e haben eine eindeutige grammatische Funktion.
Bei Diminutiven markieren sie den Unterschied zwischen Singular (Endung -e, zum Beispiel "Heisl-e" Häuschen) und dem Plural (Endung -a, zum Beispiel "Heisl-a" Häuschen).

Bei den Adjektiven markieren sie den Unterschied zwischen der weiblichen Endung des Singulars (Endung -e, zum Beispiel "a scheen-a Dasch" eine schöne Tasche) und der Endung des Plurals (Endung -e, zum Beispiel "scheene Dascha" schöne Taschen). Weiteres siehe in der nachfolgenden Tabelle.


Ausführliche Übersicht über die grammtichen Funktionenen der beiden Leichtlaute a und e:


Grammatisch

Die Endung e

Die Endung a

Diminutiv

Die Endungen e und a dienen der Unterscheidung von Singular und Plural

im Singular e:

Mädle - Heisle
Mädchen - Häuschen
usw.

im Plural a:   

Mädla - Heisla
Mädchen - Häuschen
usw.

Verben

Unterscheidung des Infinitivs von der 1. Person Singular mit angehängtem unbetonten Personalpronomen

1. Person Singular: 

(nå) läas-e  (dann) lese ich,
(nå) schreib-e  (dann) schreibe ich,
(nå) rächn-e (dann) rechne ich
usw.

Infinitiv:

läasa  lesen
schreiba  schreiben
rächnrechnen
usw.

Adverbien

Die Endungen e und a dienen der Unterscheidung von Richtung und Ort:

a) Die Endung e wird für Richtungsangaben verwendet 
b) Die Endung a wird für Ortsangaben verwendet. 


a) Adverbien der Richtung mit e:

abe  abwärts,
uffaufwärts
ãne  weiter (Bewegung fortsetzend)
nåre  weiter (Bewegung beginnend)
hendorschnach hinten
firrschnach vorne
usw.

b) Adverbien des Ortes mit a:

henda  hinten
vorna  vorne
oba  oben
doba  dort oben
hoba  hier oben
ondunten
usw.

Deklination der Adjektive

Unterscheidung der Endungen des Feminiums Singular und des Plurals:

a) Die Endung e ist dem Plural zugeordnet. 
b) Die Endung a ist dem Femininum Singular zugeordnet.

Im Plural enden die Adjektive schwäbisch in allen Kasus auf e:

(Nom./Akk.)
scheene Kircha, Heisor 
schöne Kirchen, Häuser

d scheene Kircha, Heisor
die schönen Kirchen, Häuser
dia scheene Kircha, Heisor 
diese schönen Kirchen, Häuser

(Dat.)
scheene Kircha, Heisor
schönen Kirchen, Häusern
de scheene Kircha, Heisor
den schönen Kirchen, Häusern 
denne scheene Kircha, Heisor 
diesen schönen Kirchen, Häusern
usw.

Im Fem. Sg. enden die Adjektive schwäbisch in allen Kasus auf a:
 
(Nom./Akk.)
a scheena Kirch
eine schöne Kirche
d scheena Kirch
die schöne Kirche 
dui scheena Kirch 
diese schöne Kirche

(Dat.)
ara [ɐ͂rɐ͂] scheena Kirch
einer schönen Kirche
dor scheena Kirch  
der schönen Kirche
dära ['dεrɐ͂] scheena Kirch
dieser schönen Kirche

usw.