Die schwäbischen Leichtvokale



Die drei Leichtvokale des Hochschwäbischen

>   "a" [ɐ͂]   ein leicht gesprochenes nasaliertes a  (nicht das hochdeutsche r-haltige a)
>   "e" [e]   ein leicht gesprochenes geschlossenes e  (nicht das hochdeutsche e-Schwa) 
>   "o" [o]   ein leicht gesprochenes geschlossenes o.

Die Leichtvokale a und e sind, germanistisch gesprochen, Phoneme (und nicht Allophone).
Mit ihnen werden z. B. Singular und Plural des Diminutivs unterschieden.

Die Leichtvokale e und o sind, germanistisch gesprochen, Allophone
Der o-Leichtvokal tritt vor einem r an die Stelle des e-Leichtvokals.


Das vom Hochdeutschen verursachte Problem: Die beiden germanistischen Lautschriften IPA und Theutonista besitzen keine Zeichen für die drei schwäbischen Leichtlaute. Sie setzen für alle drei Leichtlaute undifferenziert das hochdeutsche e-Schwa ein.
Den Universitätsgermanisten fällt das leider nicht auf, weil sie nicht darin geübt sind, die feinen Unterschiede der drei schwäbischen Leichtlaute zu erkennen. 

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Übersicht über die wichtigsten grammatischen Funktionen der Leichtvokale a und e

Die beiden Leichtvokale a und e haben eine eindeutige grammatische Funktion.
Bei Diminutiven markieren sie den Unterschied zwischen Singular
Bei Adverbien markieren sie den Unterschied zwischen Adverbien des Ortes und der Richtung
Bei Adjektiven markieren sie den Unterschied zwischen der weiblichen Endung des Singulars (-a) und der Endung des Plurals (-e).

 

Die Endung e

Die Endung a

Diminutiv

Die Endungen e und a dienen der Unterscheidung von Singular und Plural

im Singular e:

Mädle - Heisle
Mädchen - Häuschen
usw.

im Plural a:   

Mädla - Heisla
Mädchen - Häuschen
usw.

Adverbien

Die Endungen e und a dienen der Unterscheidung von Richtung und Ort:

a) Die Endung e wird für Richtungsangaben verwendet 
b) Die Endung a wird für Ortsangaben verwendet. 


a) Adverbien der Richtung mit e:

abe  abwärts,
uffaufwärts
ãne  weiter (Bewegung fortsetzend)
nåre  weiter (Bewegung beginnend)
hendorschnach hinten
firrschnach vorne
usw.

b) Adverbien des Ortes mit a:

henda  hinten
vårna  vorne
oba  oben
doba  dort oben
hoba  hier oben
ondunten
usw.

Deklination der Adjektive

Unterscheidung der Endungen des Femininums Singular und des Plurals:

a) Die Endung e ist dem Plural zugeordnet. 
b) Die Endung a ist dem Femininum Singular zugeordnet.

Im Plural enden die Adjektive schwäbisch in allen Kasus auf e:

(Nom.Akk.Plural)
scheene Kircha, Heisor 
schöne Kirchen, Häuser

d scheene Kircha, Heisor
die schönen Kirchen, Häuser
dia scheene Kircha, Heisor 
diese schönen Kirchen, Häuser

(Dat.)
scheene Kircha, Heisor
schönen Kirchen, Häusern
de scheene Kircha, Heisor
den schönen Kirchen, Häusern 
denne scheene Kircha, Heisor 
diesen schönen Kirchen, Häusern
usw.

Im Fem. Sg. enden die Adjektive schwäbisch in allen Kasus auf a:
 
(Nom.Akk.Sing.)
a scheena Kirch
eine schöne Kirche
d scheena Kirch
die schöne Kirche 
dui scheena Kirch 
diese schöne Kirche

(Dat.)
ara [ɐ͂rɐ͂] scheena Kirch
einer schönen Kirche
dor scheena Kirch  
der schönen Kirche
dära ['dεrɐ͂] scheena Kirch
dieser schönen Kirche

usw.


Hinzu kommen Differenzierungen bei weiteren Wortarten. Diese können hier nicht aufgeführt werden, um den Umfang nicht zu sprengen. Sie sind aber im Buch der Schwäbischen Grammatik detailiert erläutert.  

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