Die Phonetik (Lautlehre)



„Das Schwäbische ist, wie das Italienische, eine Vokalsprache“

(August Lämmle, Es leiselet im Holderbusch S. 209)


Schwäbischer Klangreichtum

Die schwäbische Sprache verfügt über einen außerordentlich großen Reichtum an Selbstlauten. Er ist sehr viel höher als der des Hochdeutschen. Dies gibt der schwäbischen Sprache ihren unverkennbaren musikalischen Klang. Die Vergleichszahlen sind: 

Das Hochdeutsche verfügt nur über 13 Selbstlaute (9 Monophthonge und 4 Diphthonge).
Das Hochschwäbische verfügt über 30 Selbstlaute (14 Monophthonge und 16 Diphthonge).

Das Hochdeutsche ist im Vergleich zum Hochschwäbischen eine deuölich klangarme Sprache. Dadurch sind rein hochdeutsch ausgebildete Germanistinnen und Germanisten leider nicht in der Lage, die hochdifferenzierten feinen Unterschiede im Schwäbischen herauszuhören - schlichtweg deswegen, weil es viele der schwäbischen Vokale, Diphthonge, Nasalvokale und Leichtvokale im Hochdeutschen nicht gibt.



Mit einem Vergleich ausgedrückt:

Wenn man den Klangreichtum des Hochdeutschen mit einem Streichquartett vergleicht,
dann besitzt das Hochschwäbische den Klangreichtum eines Sinfonieorchesters.




Das Forschungsproblem

Die älteren Jahrgänge, die noch ein relativ unverfälschtes Schwäbisch sprechen, sind bald nicht mehr am Leben. Wer in der heutigen Zeit noch Forschungen zur genuinen Phonetik der schwäbischen Sprache betreiben will, muss sich sehr stark beeilen.

Die jüngeren Jahrgänge ab etwa 1960 sprechen, als Folge der staatlich forcierten Umsprachung auf Neudeutsch nur noch ein zerstörtes Restschwäbisch. Dieses taugt nicht mehr als Grundlage für wissenschaftliche Studien über die schwäbische Sprache - allenfalls dafür, wie weit deren Zerstörung schon fortgeschritten ist.


Grundlagenwerke zur schwäbischen Phonetik


Die rein erhaltene schwäbische Phonetik ist dokumentiert in den wissenschaftlichen Werken von
Karl Bohnenberger und Josef Karlmann Brechenmacher:

>  Karl Bohnenberger, Zur Geschichte der Schwäbischen Mundart im XV. Jahrhundert, Tübingen 1892;  Neudruck 1971 Dr. Martin Sändig oHG, Niederwalluf bei Wiesbaden, ISBN 3-500-22980-8
>  ders., Die Mundarten Württembergs, 1928 Silberburg-Verlag Stuttgart
>  Josef Karlmann Brechenmacher, Schwäbische Sprachkunde, 1925 Verlag von Adolf Bonz und Comp, Stuttgart; Nachdruck 1987 HUND GmbH, Saulgau (keine ISBN)

Aus den ersten Jahren unseres Jahrhunderts stammen folgende zwei Werke:

>  Roland Groner, Gschrieba wia gschwätzt, 2007 SP-Verlag Albstadt, ISBN 978-3-9811017-4-4
>  Jochen Müller, Der mittelschwäbische Dialekt am Beispiel der Urbacher Mundart, ISBN 3-89821-190-8. Das Buch Jochen Müllers Buch ist das einzige weit und breit, das dezidiert den Zerfall des schwäbischen Dialekts durch einen Gemerationenvergleich wissenschaftlich dokumentiert.