Unterscheidung zwischen ei und ae (ai)
Hochdeutsch
Das Hochdeutsche kennt hier nur einen einzigen Laut, der zwar "ei" geschrieben wird, aber immer als "ai" gesprochen wird. Im Hochdeutschen wurden die beiden, ursprünglich unterschiedlichen Laute "ei" und "ai" gleichlautend gemacht. Dummerweise hat man vom einen Laut (ai) die Aussprache genommen, vom anderen Laut (ei) die Schreibung. Schreibweise und Sprechung sind hier im Hochdeutschen widersprüchlich.
Beispiele:
Das Wort "ein" wird hochdeutsch immer <ain> gesprochen.
Der "Weiswein" hört sich nach <waiswain> an.
Die "Zeit" und die "Zeitung" hören sich an <zait> und <zaitung>.
Wörter wie "klein", "leise" oder "weit" werden <klain>, <laise> und <wait> gesprochen.
Hochschwäbisch
Das Hochschwäbische hat beide Laute "ei" und "ai" getrennt beibehalten. Der Laut "ae" wird hochschwäbisch als <a-e> (nicht ä!) gesprochen. Viele Schwaben meinen zwar, das müsste "ai" sein. Aber sie irren sich, wie schon Friedrich E. Vogt in seinem Klassiker "Schwäbisch in Laut und Schrift" in den 1970er Jahren festgestellt hat. Gesprochen wird eindeutig "ae".
Die Laute "ei" und "ae" haben im Schwäbischen zudem einen sinnunterscheidenden Charakter.
Germanistisch ausgedrückt: Sie sind im keine Allophone, sondern Phoneme.
Beispiele:
Die Wörter "nötig" und "neidisch" werden im Schwäbischen durch die Aussprache <naedich> und <neidich> unterschieden.
Ein schmerzendes "Wehwehchen" ist <a Waele>, eine (zeitliche) "Weile" ist <a Weile>.
Der Satz <dees Waele vorgåd nåch ma Weile> meint: Das Wehwehchen vergeht nach einem Weilchen.
Die Aufforderung "sei!" und das Possessivpronomen "sein" lauten im Schwäbischen klar unterschieden <sei> und <sae>.
Schreibempfehlungen für gutes Schwäbisch
Die beiden schwäbischen Laute <ei> und <ae> sollten in der Schreibung klar unterschieden werden.
hochdeutsch <gesprochen>
| schwäbisch nicht
| sondern
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sein <sain> (Possesivpronomen)
| sei
| sae
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reisen <reisen>, reißen <reisen>
| reisa, reißa
| raesa, reisa
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weiden <waida>, weiten <waita>
| weida, weita
| wåeda, weida
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heute <höyte>
| heid
| haed
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Wird schwäbisch <ei> gesprochen, hochdeutsch dagegen <ai>, sollte es im Schwäbischen bei der Schreibung "ei" bleiben, da ja schwäbisch so auch gesprochen wird.
ein Weilchen - ein Wehwehchen
| a Weile - a Weile
| a Weile - a Waele
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Weiswein <waiswain>
| Weiswei
| Weiswae
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zeitweise <zaitwaise>
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| zeidweis
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