Die schwäbischen Zahlwörter
D schwäbische Zaalwerdor
Die Zahlwörter des Hochschwäbischen und die des Hochdeutschen unterscheiden sich sehr stark voneinander. Es zeigt sich hier beispielhaft die allgemein gültige Regel:
desto stärker unterscheidet es sich in verwandten Sprachen voneinander.
Es gibt es deutliche Unterschiede zwischen Hochdeutsch und Hochschwäbisch in der Aussprache, in der Grammatik und im Gebrauch der Formen von Zahlwörtern. Das Schwäbische ist bei den Zahlwörtern zudem deutlich differenzierungsfähiger wie das Hochdeutsche.
Das Zahlwort "ein"
Das Schwäbische unterscheidet klar zwischen "ein" als Zahlwort, "ein" als unbestimmtem Artikel und "ein" als adverbialer Vorsilbe. Die gleiche Unterscheidung bietet auch das Englische. Die schwäbische Differenzierung deckt sich exakt mit der englischen Differenzierung. In beiden Sprachen ist die gleiche Art von Grammatik voll erhalten. Das Hochdeutsche bietet diese Differenzierung nicht mehr. Es ist im wörtlichen Sinne "einfältig" geworden. Der tabellarische Vergleich:
unbestimmter Artikel | Zahlwort | Adverbiale | |
schwäbisch | a Mã | oe Mã | Aekomma |
englisch | a man | one man | income |
deutsch | ein Mann | ein Mann | Einkommen |
Die gleiche Differenzierung überträgt sich im Schwäbischen auch auf zusammengesetzte Wörter:
"I bee amål enn Griichaland gwäa" meint: Ich war (früher/zufällig/im Urlaub ...) einmal in Griechenland.
"I bee oemål enn Griichaland gwäa" meint: Ich war einmal (und nicht öfters) in Griechenland."
Das Zahlwort "zwei"
In manchen schwäbischen Regionen, vor allem im Süden unterscheidet man zwischen "zwee" Männern, "zwua" Frauen und "zwåe" Kindern. Diese Unterscheidung gehörte einst zum Standard aller germanischen Sprachen. Das Hochdeutsche hat sie über Bord geworfen.
Das Zahlwort "drei"
Die Zahlwort "drei" wird hochdeutsch mit ai als drai gesprochen, schwäbisch dagegen mit ei als drei. Bei Uhrzeiten lautet die hochschwäbische Angabe bis heute "drui" (um 1900 noch generell für "drei" in Gebrauch), alemannisch ganz ähnlich "drü".
Auch bei dieser Zahl hat die schwäbische Sprache hochkarätige Verwandte mit der gleichen Differenzierung: Die Differenzierung zwischen männlich/weiblich einerseits und sächlich andererseits findet sich im Lateinischen (tres/tres und tria), im Altgriechischen wie im modernen Neugriechischen (τρεις/τρεις und τρία), und im Vorläufer des heutigen Deutschen, dem Althochdeutschen (drī/drī und driu). Sie findet sich ebenso auch in allen skandinavisch-germanischen Sprachen.
Das Kapitel "Zahlen" im Grammatikbuch
Viele weitere detaillierte Ausführungen und Forschungsergebnisse zu den Zahlwörtern im Schwäbischen finden sich im Grammatikbuch "Schwäbisch Band II. Die Grammatik Deutsch - Schwäbisch". Sie finden sich bis jetzt weder in der germanistischen Fachliteratur noch in der schwäbischen Fachliteratur. Es hat sich einfach noch niemand diesem Thema angenommen. Das Grammatikbuch ist in folgende Abschnitte gegliedert:
A. Die Kardinalzahlen
B. Die Ordinalzahlen
C. Die Bruchzahlen
D. Die Ziffern
E. Die Aufreihungszahlen
F. Geldscheine und Münzen
G. Altersangaben
H. Uhrzeiten und Tageszeiten
Auf dieser Seite der Homepage finden Sie die Abschnitte A. und B. des Grammatikbuches zum Download bereitgestellt.
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