Achtendachdäch 


Als Jugendlicher war ich anfangs der 70er-Jahre auf einer selbst organisierten Fahrrad-Rundfahrt unserer CVJM-Jugendgruppe dabei. Wir wollten nach Holland. Das war damals, ohne die heutigen Internet- und online-Buchungsmöglichkeiten ein Abenteuer. Die Jugendherbergen schrieben wir Monate im Voraus mit den damaligen internationalen Rückantwort-Postarten an. Dann also vierzehn Tage mit den Fahrrädern unterwegs. 

Älles, was-mor braucht hend, hådd henda uff der Gepäckträger nuff ond enn d Saddldascha naebassa miasa. Blos Niederländisch hådd koiner vo ons kenna. Da war jeder Lebensmitteleinkauf eine Herausforderung. Damals war Cola das Lieblingsgetränk von uns Jugendlichen. Das gab es in jedem Tante-Emma-Laden. War eine Flasche halb leer getrunken, füllten wir sie aus Sparsamkeit (Geld war bei uns knapp!) an einem Brunnen wieder auf. War sie wieder halb leer getrunken, dann.... Allzu oft konnte man dieses Spiel natürlich nicht wiederholen.



Also stand ich an einem der Tage in einem dörflichen Lebensmittelladen an der Kasse, in der Hand eine frische Flasche Cola. „Achtendachdäch!“ so hörte ich die Kassiererin zu mir sprechen. Hä? Was war denn das denn für ein Wort ??. Sie sah wohl meine Verwunderung. Also sagte sie nochmal „Achtendachdäch!“ Zum Glück zeigte die Kasse meinen suchenden Augen den Betrag an: Zweimal die Zahl, die man in alle Richtungen drehen und wenden kann, und die immer gleich aussieht. 88 holländische Cent also. 

Jahrzehnte später beschäftigte ich mich mit meinen Studien zur schwäbischen Grammatik der Zahlen. Was hatte ich als Schwäbisch im Ohr? „oesadachzich, zwåeadachzich, dreiadachzich ... achdadachzich! Bei allen 80er-Zahlen ist im Schwäbischen ein d mittendrinn!



Sofort war die Erinnerung wieder da. Im Internet die holländischen Zahlen abgefragt ... Bingo! 
Niederländisch und Schwäbisch haben dieselbe Grammatik bei den Achtziger-Zahlen! 

Seitdem hörte bei vielen stabilen Schwäbisch-Sprechenden das „oesadachzich“ usw.



Unnötig zu sagen, dass sich diese meine Entdeckung in keinem einzigen bisherigen Buch über Schwäbisch findet. Aber alles Weitere und noch viel mehr finden Sie in meinem Grammatik-Buch. Zum Beispiel auch, warum „um drei Uhr“ schwäbisch zurecht „emm drui“ lautet, oder warum das schwäbische „zwee, zwua, zwåe“ mit dem Lateinischen und mit dem Alt- und Neugriechischen zwei respektable sprachliche Schwergewichte auf seiner Seite hat ... 

1025

E-Mail
Karte