Die schwäbischen Artikel
D schwäbische Artiggl 


Die schwäbische Sprache kennt, wie das Hochdeutsche den bestimmten Artikel (der, die, das; Plural die) und den unbestimmten Artikel (ein, eine, ein). Über das Hochdeutsche hinaus gibt es Ansätze zu einem kontrastiven Artikel. Der bestimmte Artikel hat jedoch im Schwäbischen bei genauem Hinsehen andere Formen wie im Hochdeutschen, da auch seine Entstehungsgeschichte eine andere ist. Hochdeutscher und schwäbischer Artikel erscheinen nur bei einem oberflächlichen Blick gleich.

Für den bestimmten Artikel ist in der schwäbischen Sprache wie in der hochdeutschen Sprache das althochdeutsche Demonstrativpronomen der Ausgangspunkt. Die schwäbische Sprache hat das althochdeutsche Demonstrativpronomen insgesamt in dreifacher Weise weiter entwickelt und ausdifferenziert, während das Hochdeutsche es lediglich undifferenziert zum bestimmten Artikel verschoben hat. Im Einzelnen:

a) Der schwäbische bestimmte Artikel (dor, d, s)
entstand als schwachtonige Nachfolgeform des althochdeutschen Demonstrativpronomens.

b) Das schwäbische Demonstrativpronomen (där/dr, dui, dees [mit langem e], Plural dia)
ist die starktonige Nachfolgeform des althochdeutschen Demonstrativpronomens.

c) Der schwäbische kontrastive Artikel (dor, de, s):
Über den bestimmten Artikel hinaus hat das Schwäbische Ansätze zu einem kontrastiven Artikel entwickelt, die grammatikalisch nachweisbar sind und durch genaues Studium der schwäbischen Mundartliteratur belegbar sind. In der Germanistik besteht für diese schwäbische Form des Artikels allerdings kein Sensorium, da er im Hochdeutschen nicht existiert. (Die Bezeichnung „kontrastiv“ lehnt sich an die Verwendung dieses Begriffes im Grammatik-Duden an, wenngleich sie dort nur in anderen Zusammenhängen auftaucht, vgl. z. B. S. 919.)

Zum Vergleich das Hochdeutsche:
Das Hochdeutsche hat das althochdeutsche Demonstrativpronomen zum hochdeutschen bestimmten Artikel verschoben (der, die, das; Plural die). Dadurch ging das seitherige Demonstrativpronomen verlustig. Als Ersatz hat das Hochdeutsche ein neues Demonstrativpronomen kreiert (dieser, diese, dieses).

In die schwäbische Sprache fand dieses Demonstrativpronomen keinen Eingang, da das Schwäbische schon längst davor sein eigenes Demonstrativpronomen entwickelt hatte.

d) Der schwäbische unbestimmte Artikel

Auch hier hat die schwäbische Sprache eine dreifacher Differenzierung aufbewahrt - exakt gleich zum Englischen!  Sie unterscheidet den unbestimmten Artikel "a" (wie englisch), das Zahlwort "oe" (englisch "one") und das Adverb "ae" (englisch "in"); hochdeutsch lauten alle drei Wörter nur noch "ein". Die schwäbische Sprache steht hier wie in vielem anderen der englischen Sprache deutlich näher wie die hochdeutschen Sprache.